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10 Fragen rund um das Thema Tragen
Tragen ist gut, für euch und für euer Kind. Säuglinge brauchen Körperkontakt und Nähe, um sich zu gesunden und glücklichen Menschen entwickeln zu können. Für die Erwachsenen ist das Tragen eine leichte und bequeme Möglichkeit, den Alltag zu meistern und gleichzeitig dem Kind das zu geben, was es so dringend braucht: Geborgenheit und Halt fürs Leben. Den dritten Teil des Trage-Specials begleitet für euch Laura vom Tragenetzwerk e.V,
Hier geht es zu ihren persönlichen Hinweisen für euch:
Kinderwagen oder Babytrage?
Beides sind tolle Möglichkeiten, Eltern zu entlasten. Je nach individueller Vorliebe von Eltern und Kind kann ein Kinderwagen bei Spaziergängen auf ebenen Wegen oder als Möglichkeit zum Ablegen, z. B. zum Wickeln oder Schlafen zum Einsatz kommen. Viele Babys und auch Kleinkinder schlafen gerne im schunkelnden Kinderwagen an der frischen Luft. Auch für schwere Einkäufe können Kinderwagen praktisch sein. Das Tragen mit einer Tragehilfe bietet Eltern vor allem Flexibilität und Mobilität. Dazu kommen Nähe, Wärme und das Bewegtwerden, was dem Kind Geborgenheit und Sicherheit gibt. Aus unserer Sicht ist ein „entweder oder“ hier überflüssig, denn hilfreich ist alles, was Eltern unterstützt und entlastet.
Ab wann kann ich das Baby tragen?
Aus Sicht des Babys kann es sofort losgehen – wenn es reif und gesund geboren wurde, ist es von Anfang an bereit, in aufrechter Position getragen zu werden. Nach der Geburt fühlt es sich Haut an Haut auf der Brust der Eltern meist am wohlsten. Allerdings sollte sich die Mutter im Frühwochenbett soviel wie möglich ausruhen und auch liegen und nicht sofort mit Baby im Tuch spazieren gehen, da ihre Körpermitte nach der Geburt stark beeinträchtigt ist. Idealerweise hat sie im Wochenbett Unterstützung von Familienmitgliedern oder Freundinnen, die auch beim Tragen des Neugeborenen helfen können. Sobald sich die Mutter bereit fühlt, kann sie mit kleinen Trage-Einheiten beginnen.
Kann ich mein Baby/Kind auch mit dem Gesicht nach vorne tragen?
Ja, das geht mit einigen Tragehilfen, wird aber von den Herstellern nur für kurze Zeiträume empfohlen, da das Kind dabei kaum die Möglichkeit hat, sich der Tragenden zuzuwenden oder sich in Geborgenheit zurückzuziehen. Meist ist die Belastung der Tragenden bei dieser Position ungünstig und es wird schnell unbequem. In besondere Situationen oder bei individuellen Bedürfnissen kann es eine Option sein, das Kind vor dem Bauch nach vorne blickend zu tragen. Wenn ein Kind mehr sehen möchte, eignen sich die Tragepositionen auf der Hüfte oder auf dem Rücken. So bekommt das Kind mehr Ausblick, kann sich aber jederzeit selbstbestimmt ankuscheln und abschalten.
Wie lange am Stück darf ich mein Baby tragen?
Tragen ist wie ein neuer Sport. Anfangs gilt: Soviel wie nötig, so wenig wie möglich tragen, da das Gewicht des Neugeborenen auch in einer Tragehilfe eine Belastung für Beckenboden-, Bauch- und Rückenmuskeln darstellt. Auf die Regenerationsphase im Wochenbett sollte die Rückbildungsgymnastik folgen und auch danach stärkt regelmäßigem Training und ein entsprechendes Alltagsverhalten die Körpermitte. Eine kräftige Körpermitte ist die Voraussetzung für gesundes Tragen. Mit einer passenden Trageweise, gleichmäßiger Gewichtsverteilung und dem Schwerpunkt dicht am Körper können Eltern so lange tragen, wie es ihnen gut tut. Besonders erleichternd ist das Tragen auf dem Rücken. Wichtig ist es, in den eigenen Körper hinein zu spüren, um Überlastung und Schmerzen zu vermeiden. Mit viel Übung fällt das Tragen leichter, aber auch geübte Eltern dürfen sich Pausen gönnen. Das Baby selbst zeigt ganz genau, wie lange es getragen werden möchte. Oft wird das Tragen durch Trinken, Abhalten oder Windelwechseln unterbrochen. Eine feste Mindest- oder Höchstzeit für das Tragen gibt es nicht.
Es gibt viele unterschiedliche Tragesysteme.
Wie finde ich heraus, welche Trage am besten zu mir passt?
Informieren und mit eigenem Baby ausprobieren: Hier kann eine professionelle Trageberatung eine gute Möglichkeit sein, um Zeit und Geld zu sparen. Tragehilfentests in Magazinen oder Blogs verraten nichts über die individuelle Passform und Eignung. Welche Trageweise am besten passt hängt nicht nur von persönlicher Körperform und eigenem Empfinden ab, sondern auch von den Bedürfnissen der Familie und den Situationen, in denen getragen werden soll. Dies kann sich mit der Entwicklung des Kindes mehrfach ändern, weshalb mitwachsende und flexible Tragesysteme zu empfehlen sind. Ein Tragetuch ist sehr vielseitig und braucht anfangs am meisten Übung, aber es wächst am längsten mit.
Was zeichnet eine gute Tragehilfe oder ein Tragetuch aus?
Das Produkt sollte von guter Qualität sein und Sicherheitsstandards erfüllen. Dazu gehören u. a. schadstoffreies Material und speichelechte Farben. Ein bequemes und sicheres Tragen, bei dem die fünf Punkte des Trage-Einmaleins erfüllt sind, sollte damit möglich sein. Diese sind: freie Atemwege, aufrechte Position, rundum sicherer Halt, Anhock-Spreiz-Haltung, angenehme Gewichtsverteilung. Tragehilfen sollten individuell anpassbar sein und auch das Tragen auf dem Rücken ermöglichen.
Wie trage ich mein Baby richtig?
Wenn ich folgende Fragen mit ja beantworte, trage ich richtig: Bekommt mein Kind ausreichend Frischluft? Ist seine Nase frei? Ist der Rücken meines Kindes gut gestützt und kann er sich leicht runden, wenn es schläft? Ist mein Kind seitlich gut abgestützt und trage ich es in aufrechter Position? Bleibt mein Kind dicht an meinem Körper, wenn ich mich vor- oder zurücklehne? Kann der Kopf meines Kindes bei Bedarf gestützt werden? Reicht der Stoff unter dem Po bzw. der Steg der Tragehilfe meinem Kind bis knapp vor die Kniekehlen? Sind die Unterschenkel und Füße meines Kindes frei beweglich? Sind die Beinde meines Kindes angehockt und dabei leicht gespreizt? Befinden sich die Knie meines Kindes etwas höher als der Po? Habe ich meine Hände frei? Kann ich mich gut bewegen? Kann ich eine aufrechte Haltung einnehmen und ist die Trageweise auch nach längerer Tragedauer bequem für mich?
Kann man auch Zwillinge tragen?
Ja, allerdings ist das Tandemtragen von Zwillingen/ zwei Kindern körperlich sehr anstrengend. Ohne Training für die Körpermitte kann das schnell zu Überlastung und Schmerzen führen. Bei Zwillingen ist es für viele Eltern hilfreich, schon früh mit dem Rückentragen zu beginnen. Wenn ein Zwilling auf dem Rücken „aufgeräumt“ ist, sind die Hände frei für den anderen. Wenn tatsächlich zwei Kinder gleichzeitig getragen werden, ist ein Kind vorne und ein Kind hinten am praktischsten. Hier können Tragetücher und/oder Tragehilfen kombiniert verwendet werden.
Was ziehe ich meinem Baby in der Babytrage/Tragetuch an?
(Gibt es besondere Hinweise für den Sommer bzw. Winter?)
Das Kind sollte passend zur Außentemperatur und zum individuellen Wärmebedürfnis angezogen werden – Tuch und Trage wirken wie eine zusätzliche Kleidungsschicht am Rumpf. Alles, was beim Kind aus dem Tuch/der Tragehilfe herausschaut, braucht besonderen Schutz (Kopf, Beine und Füße). Im ersten Lebensjahr sollte das Baby bei Kälte neben angemessener Kleidung durch eine gemeinsame Hülle (Tragejacke, Trageeinsatz o.ä.) geschützt werden, denn dann profitiert es von der Körperwärme der Tragenden. Schutz vor der Sonne bietet ein Sonnenhut mit breiter Krempe und luftige, lange Kleidung. Kopfstützen und Mullwindeln sollten wegen Hitzestau und mangelnder Frischluftzufuhr nicht als Sonnenschutz verwendet werden. Ob ein Baby friert oder schwitzt, fühlt man am besten im Nacken.
Dein persönlicher Empfehlung für uns..
Bequemes und sicheres Tragen macht Spaß. Alle, die herstellerunabhängige Infos rund ums Tragen suchen, finden diese beim Tragenetzwerk e. V. Unsere aktiven Mitglieder bieten Trageberatung, Workshops und Tragetreffen an. Wir freuen uns auf euch!
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