Expertenrunde zu Beikost: Hebamme Heidrun Strähler, Autorin Frauke Ludwig und Ernährungsberaterin Kati Voss von Holle baby food diskutieren das vielfältige Thema Beikost und geben Einblicke und Tipps.

1. Wann kann ich mit der Beikost starten?

Frauke: ❝In Foren, Gruppen und Büchern kursieren unterschiedliche Empfehlungen, doch letztlich zählt nur eins: Beginne mit der Beikost, wenn dein Baby bereit ist und die Reifezeichen zeigt.

Die 4 wichtigsten Beikost-Reifezeichen sind…

  1. Dein Baby schiebt die Nahrung nicht mehr mit der Zunge heraus, was zeigt, dass der Zungenstreckreflex integriert ist. Wenn es die Nahrung noch herausschiebt, ist es noch nicht bereit. Biete weiterhin verschiedene Lebensmittel an und probiere es regelmäßig erneut.
  2. Dein Baby greift aktiv nach Dingen und führt sie sich zum Mund.
  3. Es kann sich mit Unterstützung einigermaßen aufrecht halten.
  4. Es kann sich vom Rücken auf den Bauch drehen – Hintergrund dieses Beikost-Reifezeichens ist die Tatsache, dass die Entwicklung der Zungenmotorik parallel zur Körpermotorik läuft. Wenn das Baby sich selbstständig drehen kann, ist auch die Zunge in der Lage, im Mund seitliche Bewegungen auszuführen, was für die Bewältigung von fester Nahrung sehr wichtig ist.❞

Heidrun: ❝Ein Kind sollte idealerweise 6 Monate voll gestillt werden. Der Zeitpunkt für die Einführung von Beikost hängt von der individuellen Entwicklung ab. Allgemein empfiehlt man, frühestens ab dem 5. und spätestens ab dem 7. Lebensmonat mit Beikost zu beginnen.❞

2. Selber kochen oder Gläschen geben?

Kati: ❝Ein Mix aus Fertigkost und Selbstgekochtem ist ideal für den Familienalltag. Fertigkost wie Holle-Produkte erleichtert unterwegs das Leben, während selbstgekochte Mahlzeiten, die frische, regionale Zutaten verwenden, Babys vielfältige Geschmacksrichtungen näherbringen. So lernt das Kind den Familiengeschmack kennen, und die Eltern können einfach eine zusätzliche Portion für sich mitkochen..❞

Heidrun: ❝Da der Geschmack in den Gläschen ein ganz anderer ist, empfehle ich selbst zu kochen. Dabei sollte man auf die Qualität der Lebensmittel achten. Möglichst saisonales Obst und Gemüse in Bioqualität verwenden. Damit die Vitamine und Nährstoffe erhalten bleiben, sollte man schonend garen, z.B. im Dampfgarer. In Gläschen gibt es keine Rohkost.❞

Frauke: ❝Ich empfehle, das Baby direkt beim Familientisch mitessen zu lassen. Beikost ersetzt im ersten Lebensjahr keine Milchmahlzeiten und sollte spielerisch angeboten werden. Bei Gerichten wie Schnitzel und Currywurst kann das Baby nicht mitessen, aber bei gekochten Kartoffeln, gedünstetem Gemüse oder Nudeln schon. Milch bleibt die Hauptnährstoffquelle, deshalb ist es unproblematisch, wenn das Baby nur kleine Portionen probiert.❞

3. Welche Mahlzeit ersetze ich zuerst?

Frauke: ❝Im ersten Lebensjahr sollten Milchmahlzeiten nicht ersetzt, sondern Beikost zusätzlich angeboten werden. Beikost dient als Ergänzung, nicht als Ersatz. Gesunde Lebensmittel können auch in ihrer ursprünglichen Form statt als Brei angeboten werden, damit das Baby verschiedene Speisen kennenlernen kann.❞

Heidrun: ❝Auch ich empfehle nicht eine Mahlzeit zu ersetzen, sondern dem Kind je nach Gelegenheit 2-3 Mal am Tag Beikost anzubieten. Beikost soll das Stillen nicht ersetzen, sondern ergänzen. So bekommt das Baby mehrere Gelegenheiten sich mit den neuen Nahrungsmitteln zu befassen. Zusätzlich zur angebotenen Beikost wird immer gestillt.❞

4. Welche Lebensmittel sind für mein Baby besinders wichtig?

Heidrun: ❝Muttermilch trägt in einem großen Teil zur Nährstoffversorgung vor allem in Bezug auf Proteine und viele Vitamine der Kinder bei. Eisen und Zink sind in der Muttermilch nur wenig enthalten. Heute wird empfohlen dem Kind von Beginn der Beikost an viele verschiedene Lebensmittel anzubieten, auch Getreide und Fisch.❞

Frauke: ❝Jedes Baby hat individuelle Vorlieben, genauso wie Erwachsene. Studien zeigen, dass Kinder oft die Beikost wählen, deren Nährstoffe sie brauchen, ohne es zu wissen. Auch Erwachsene greifen instinktiv zu benötigten Lebensmitteln. Idealerweise sollten wir biologische oder demeter Produkte wählen, um unser Baby gesund zu ernähren, wenn es finanziell möglich ist.❞

Kati: ❝Nahrung für Säuglinge muss eine entsprechend hohe Energie- und Nährstoffdichte aufweisen. Gestillte Säuglinge nehmen mit der Muttermilch über die Hälfte der Nahrungsenergie aus dem Milchfett auf. Um ab dem Beikostalter eine gute Versorgung mit Energie und essenziellen Fettsäuren zu erreichen, sollten milchfreie Breimahlzeiten mit etwas Öl angereichert werden.❞

5. Welche Lebensmittel sollte ich vermeiden?

Frauke: ❝Im ersten Lebensjahr sollten zuckerhaltige und rohe Lebensmittel vermieden werden. Nüsse sind bis ins Schulalter wegen Aspirationsgefahr zu meiden. Bockwurst, Tomaten und Weintrauben sollten immer in kleine Stücke geschnitten werden, da ihre Schale Erstickungsgefahr birgt. Ansonsten können Babys fast alles essen, solange es nicht stark gewürzt oder scharf ist.❞

Heidrun: ❝Babys sollten keinen Alkohol konsumieren, auch nicht in zubereiteten Mahlzeiten. Zucker fördert Karies, entzieht Vitamin B und prägt den Geschmack auf Süßes. Im ersten Lebensjahr ist Honig ungeeignet, da er Botulinumbakterien enthalten kann. Babys sollten maximal 1g Salz täglich aufnehmen, da ihre Nieren salzempfindlich sind und es den Blutdruck erhöhen kann. Der natürliche Salzgehalt von Muttermilch und Lebensmitteln reicht aus, daher auf zusätzliches Salzen verzichten und besser mit frischen Kräutern würzen.

Und dann auch noch das:

Kati: ❝Ich möchte noch Folgendes ergänzen: Quark sowie Milch als Getränk erst mit etwa neun Monaten geben. Joghurt ist gelegentlich schon nach dem 6. Monat im Austausch zur Milch okay.❞

6. Wann braucht mein Baby zusätzlich etwas zu trinken?

Kati: ❝Wir sagen: Prost Mahlzeit! ? Auch das Trinken will gelernt sein. Wir empfehlen Getränke, bevorzugt in Form von Wasser oder ungesüßtem Tee. – Sie sind aber erst mit dem 3. Brei erforderlich. Die empfohlene Trinkmenge steigert sich von 200 bis 600 ml zum Ende des ersten Lebensjahres. Bei Hitze oder Fieber darf es auch etwas mehr sein.❞

Frauke: ❝Ab der Einführung von Beikost kann ein kleiner Becher Wasser zur Mahlzeit angeboten werden, da Kinder oft das Gleiche essen und trinken möchten wie Erwachsene. Trinklernbecher sind nicht unbedingt notwendig, auch wenn anfangs viel daneben geht. Babys sollten jedoch kein Wasser anstelle von Milch erhalten, da Muttermilch und Formulanahrung genügend Flüssigkeit und Nährstoffe bieten. Wasser hat nicht genügend Nährstoffe und kann bei Babys zu Mangelerscheinungen durch Wasservergiftung führen, worauf u.a. das Deutsche Rote Kreuz hinweist..❞

Heidrun: ❝Wenn das Baby noch gestillt wird, braucht es keine zusätzlichen Getränke. Bei Beikosteinführung ist Leitungswasser aus einer Tasse oder einem Becher ideal. Achte darauf, dass das Baby nicht dauerhaft nuckelt. Die Wasserqualität kann bei den örtlichen Wasserwerken erfragt werden. Vermeide Leitungswasser bei Bleileitungen und lass es immer laufen, bis es kalt ist.❞

7. Ab wann darf Rohkost gegeben werden?

Heidrun: ❝Grundsätzlich darf Rohkost von Anfang der Beikost an, gegeben werden. Es sollte auf die richtige Konsistenz geachtet werden: z.B. geriebener Apfel, gedrückte Banane.❞

Frauke: ❝Frühestens nach dem ersten Lebensjahr. Hier zählt unter anderem auch Honig dazu, was die wenigsten wissen.❞

8. Ab wann kann ich meinem Baby erstes Finger-Food anbieten?

Frauke: ❝Man kann eine Vielzahl von Lebensmitteln wählen und sowohl Brei als auch Fingerfood anbieten. Während Brei ein moderner Trend ist, wurde früher das Familienessen nur grob zerkleinert. Wichtig ist, das Essen für Babys zu dünsten oder weichzukochen, um Verschlucken zu vermeiden. Äpfel oder Karotten sollten in “Pommes”-Form geschnitten und so weich gedünstet werden, dass das Baby sie leicht am Gaumen zerdrücken kann.❞

Bitte immer – egal ob Brei oder Fingerfood – beim Baby bleiben und es nicht mit der Nahrung allein lassen. Auch der Autositz während der Fahrt ist quasi „allein“, denn wir könnten nicht sofort eingreifen, wenn das Baby unsere Hilfe wider Erwarten braucht.

Heidrun: ❝Es gibt Kinder die mögen keinen Brei und bevorzugen gedünstetes Gemüse oder Obst am Stück direkt von Anfang an. Am besten ihr bietet euren Kleinen am Anfang sowohl Finger-Food als auch Brei an, damit sie entscheiden können, was sie lieber mögen.❞

9. Dein Lieblingsrezept für den Beikost-Start?

Kati: ❝Mal eine vegetarische Variante, nachdem Gemüse pur püriert und Gemüse mit Kartoffel gut vertragen werden:

Kartoffeln und Gemüse würfeln, 10-15 Minuten dünsten, pürieren und durch ein Sieb streichen. Getreideflocken unterrühren, quellen lassen, dann Öl und Saft hinzufügen. Portionen können gekühlt am nächsten Tag verfüttert werden. Guten Appetit!❞

Frauke:Am Familientisch mitzuessen ist entspannt und unterhaltsam, da Babys spielerisch erste Lebensmittel erkunden. Auch wenn viel daneben geht, können alle gleichzeitig essen, ohne extra füttern zu müssen.❞

Heidrun: ❝Dinkelgriess mit Zwetschgen:

Dinkel-Grieß hat einen leicht nussigen Geschmack und kombiniert sich gut mit süßlich-saurem Obst wie z.B. Zwetschgen.

Die Zwetschgen in Würfel schneiden und mit wenig Wasser dämpfen. Anschließend pürieren.150 ml in einem Topf zum Kochen bringen, dann die Temperatur reduzieren und den Dinkelgries mit einem Schneebesen einrühren. 4-5 Minuten quellen lassen. Anschließend das Zwetschgenmus unterrühren.  Sollte der Brei zu dick werden, kann noch Wasser nachgegeben werden.❞

10. Zum Finale: Dein ganz persönlicher Tipp für uns…

Kati: ❝Auch wenn das Thema Beikost zunächst wie ein Buch mit sieben Siegeln erscheint, eigentlich kann so gut wie nichts falsch gemacht werden, wenn berücksichtigt wird, worauf es wirklich ankommt. Deshalb:

  1. Gelassen bleiben – Jedes Kind wird essen lernen, in seinem eigenen Tempo. Vergleiche Deines nicht mit anderen Babys. Auch unterschiedliche Essmengen sind okay und hängen von vielen Faktoren ab: dem individuellen Bedarf, einem Wachstumsschub, dem Gesundheitszustand, dem Zahnen …
  2. Kein Zwang – Eltern wählen aus, was das Kind essen darf – das Kind bestimmt, wie viel es davon isst. Zwinge Dein Kind niemals zum Essen, aber motiviere es zu probieren.
  3. Sinnliches Erkunden – Spielen ist nichts anderes als sinnliches Erkunden – das ist erlaubt und erwünscht, um ein neues Lebensmittel zu entdecken. Natürlich soll es auch im Mund landen.❞

Heidrun:  ❝Ich habe auch gleich mehrere:

Frauke:Probiert es mal aus, wie es ist, gefüttert zu werden. Schnappt euch euren Partner rund füttert euch mal gegenseitig. Es ist eine spannende Erfahrung, die einem zeigt, wie wichtig es ist, sein Baby mitgestalten und selbst essen lernen zu lassen.

Ein weiterer Tipp ist es, heruntergefallene Lebensmittel erst trocknen zu lassen und dann erst wegzusaugen ?.❞

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Lasst es euch schmecken ihr Lieben! ?

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