Wir haben für euch bei Felix Böhme, Dipl. Finanzwirt (FH), Gründer und Geschäftsführer von Einfach Elterngeld, nachgefragt.
Seine wichtigsten Tipps & Tricks bekommt ihr hier:
1. Was ist eigentlich Elterngeld?
Elterngeld ist eine staatliche Leistung, die nach der Geburt als Einkommensersatz dient, wenn du deine Erwerbstätigkeit für die Kinderbetreuung einstellst oder reduzierst.
1.1 Was ist Basiselterngeld?
Basiselterngeld ist das „klassische“ Elterngeld. Beiden Elternteilen stehen zusammen 14 Monate Basiselterngeld zu. Die Aufteilung kann beliebig erfolgen, jedoch kann ein Elternteil höchstens 12 Monate (Ausnahme: Alleinerziehende) in Anspruch nehmen. Es müssen mindestens zwei Monate in Anspruch genommen werden. Ein einzelner Monat Elterngeld ist nicht vorgesehen.
Beispiel:
Vater und Mutter sind beide angestellt. Ihr gemeinsames Kind wurde am 23.03.2020 geboren. Sie wählen die “klassische” Aufteilung der Elterngeldmonate, indem die Mutter die ersten zwölf Lebensmonate Elterngeld in Anspruch nimmt und der Vater den 13. und 14. Lebensmonat Elterngeld beansprucht (die sog. Vätermonate).
Das (Netto-)Einkommen der Mutter beträgt 2.093,- EUR, weshalb ihr Elterngeldanspruch 1.360,- EUR (= 65% von 2.093,- EUR) beträgt. Das (Netto-)Einkommen des Vaters beträgt 1.967,- EUR, weshalb sein Elterngeldanspruch 1.278,- EUR (= 65% von 1.967,- EUR) beträgt.
Nach diesen 14 Lebensmonaten des Kindes ist grundsätzlich der Elterngeldanspruch aufgebraucht (Ausnahme: Inanspruchnahme von Partnerschaftsbonusmonaten). Basiselterngeld kann nicht über den 14. Lebensmonat des Kindes hinaus in Anspruch genommen werden (wohl aber Elterngeld Plus oder Partnerschaftsbonusmonate).
1.2 Was ist Elterngeld Plus?
Elterngeld Plus bietet anstelle eines vollen Basiselterngeldmonats zwei Monate mit halbem Betrag, verlängert aber den Anspruchszeitraum und schafft so mehr Flexibilität in der Planung.
Wer sollte Elterngeld Plus beantragen?
Elterngeld Plus ermöglicht Eltern, die länger als ein Jahr arbeiten möchten, ihr Elterngeld über einen längeren Zeitraum zu erhalten. Besonders attraktiv ist dies für steuerlich gemeinsam veranlagte Eltern, da das Elterngeld auf mehrere Steuerzeiträume verteilt wird. Ein Vorteil von Elterngeld Plus ist, dass Eltern etwa die Hälfte ihres vorgeburtlichen Nettoeinkommens dazuverdienen können, ohne dass das Elterngeld reduziert wird. Die genaue Berechnung des optimalen Elterngeld Plus Brutto ist jedoch komplex.
1.3 Was sind die Partnerschaftsbonusmonate?
Die Partnerschaftsbonusmonate sind acht weitere Elterngeld Plus Monate (vier pro Elternteil), die man an vier aufeinander folgenden Lebensmonaten des Kindes beanspruchen kann. Um Partnerschaftsbonusmonate erhalten zu können, müssen zwei Voraussetzungen vorliegen:
- Die allgemeinen Voraussetzungen müssen an vier aufeinanderfolgenden Lebensmonaten bei beiden Elternteilen parallel vorliegen und
- beide Elternteile müssen in diesem Zeitraum mindestens zu 25 Wochenstunden und dürfen höchsten zu 30 Wochenstunden erwerbstätig sein.
Der Gesetzgeber fördert Teilzeitarbeit beider Eltern, um die Kinderbetreuung gleichmäßig zu verteilen. Um die beste Elterngeld-Option für eure Familiensituation zu wählen, nutzt den kostenfreien Elterngeldrechner oder unsere persönliche Beratung, genannt Optimierungsanalyse.
2. Wer bekommt Elterngeld?
Um Elterngeld zu beantragen, müsst ihr 5 Grundvoraussetzungen erfüllen:
- Ihr habt euren Wohnsitz oder euren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland
- Ihr lebt mit eurem Kind im selben Haushalt
- Ihr betreut und erzieht das Kind selbst
- Während des Elterngeldbezuges seid ihr maximal mit 30 Wochenstunden erwerbstätig
- Euer zu versteuerndes Einkommen im Jahr vor der Geburt betrug nicht mehr als 250.000 EUR, bzw. 500.000 EUR (Elternpaare)
Die Grundvoraussetzungen sind also überschaubar.
3. Wie hoch ist das Elterngeld?
Das Elterngeld ersetzt dein Nettoeinkommen aus einem 12-Monats Vergleichszeitraum vor der Geburt zu etwa 65%. Du bekommst mindestens 300€ im Monat, maximal 1.800€ pro Monat.
Welcher 12-Monatszeitraum bei dir zählt, ist genau zu prüfen. Wenn du selbständige Einkünfte hast (auch im Nebenerwerb) gilt das letzte Kalenderjahr vor Geburt.
4. Wie hoch ist das Elterngeld beim nächsten Kind?
Wie viel Elterngeld beim zweiten Kind gezahlt wird, hängt von der individuellen Situation ab. Die Berechnung erfolgt nach dem gleichen Prinzip wie beim ersten Kind. Dafür wird in der Regel der 12-Monats-Zeitraum vor der Geburt berücksichtigt. Wenn jedoch seit dem 1. Januar des Vorjahres selbständige Arbeit ausgeübt wurde, gilt der gesamte Vorjahreszeitraum.
a) Ausschließlich angestellt
Wenn du im originären 12-Monatszeitraum ausschließlich angestellt warst, wird geprüft, ob sich der Zeitraum verschiebt oder aufteilt. Gründe für eine Verschiebung/Aufteilung können sein:
- Mutterschaftsgeldbezug (auch um die Geburt von älteren Geschwisterkindern),
- Elterngeldbezug von älteren Geschwisterkindern, jedoch nur bis zu deren 14. Lebensmonat oder
- ein Erwerbsverlust aufgrund einer schwangerschaftsbedingten Erkrankung in diesem Zeitraum.
An einem Beispiel lässt sich dies wie folgt verdeutlichen:
- Geburtsdatum Kind 1: 23.02.2017
- Mutterschaftsgeldbezug vom 19.01.2017 bis 17.04.2017
- Elterngeldbezug bis 22.06.2018 (9 Monate Basiselterngeld und 6 Monate ElterngeldPlus)
- Geburtsdatum Kind 2: 23.05.2019
- Mutterschaftsgeldbezug vom 19.04.2019 bis 15.07.2019
Der originäre Vergleichszeitraum wäre der 12-Monatszeitraum vor Geburt von K2. Das heißt Mai 2018 bis April 2019. Nun liegen aber sog. Ausklammerungs- und Verschiebetatbestände wie folgt vor:
- Mutterschaftsgeldbezug Januar bis April 2017 und April 2019
- Elterngeldbezug älteres Geschwisterkind Mai 2017 bis April 2018
Der Vergleichszeitraum für Kind 2 teilt sich also auf und umfasst nun zwei Abschnitte:
- Abschnitt 1 Dezember 2016
- Abschnitt 2 Mai 2018 bis März 2019
Die Einkünfte aus dem relevanten Zeitraum werden für die Elterngeldberechnung von Kind 2 genutzt. Die Monate Mai und Juni 2018, in denen Elterngeld Plus für Kind 1 bezogen wurde, werden nicht ausgeklammert, was das Elterngeld für Kind 2 vermindern könnte. Seit Januar 2018 kann man nicht mehr auf Ausklammerungen verzichten, wodurch keine Günstigerprüfung möglich ist. Die Berechnung des Elterngeldes ist stark von individuellen Faktoren abhängig. Unser kostenfreier Elterngeldrechner hilft dir, den passenden Vergleichszeitraum zu finden und den Elterngeldbezug zu planen.
b) (teilweise) Selbständig
Bei Selbständigen ist es mit den Verschiebetatbeständen etwas einfacher, weil immer auf volle Kalenderjahre abgestellt wird. Die Tatbestände sind hierbei die gleichen wie bei den Angestellten.
Nehmen wir also unser Beispiel von oben:
- Geburtsdatum Kind 1: 23.02.2017
- Mutterschaftsgeldbezug vom 19.01.2017 bis 17.04.2017
- Elterngeldbezug bis 22.06.2018 (9 Monate Basiselterngeld und 6 Monate ElterngeldPlus)
- Geburtsdatum Kind 2: 23.05.2019
- Mutterschaftsgeldbezug vom 19.04.2019 bis 15.07.2019
Der originäre Vergleichszeitraum wäre also das letzte Kalenderjahr vor Geburt von Kind 2. Das heißt Januar 2018 bis Dezember 2018. Nun liegen aber sog. Ausklammerungs- und Verschiebetatbestände wie folgt vor:
- Mutterschaftsgeldbezug Januar bis April 2017 und April 2019
- Elterngeldbezug älteres Geschwisterkind Mai 2017 bis April 2018
Selbständige können im Rahmen einer Günstigerprüfung wählen, welcher Vergleichszeitraum für sie am günstigsten ist:
- Option 1: Januar 2016 bis Dezember 2016
- Option 2: Januar 2017 bis Dezember 2017
- Option 3: Januar 2018 bis Dezember 2018
Prüfe den höchsten Jahresgewinn und die besten Sozialversicherungsabzugsmerkmale, um das optimale Elterngeld zu ermitteln und zu beantragen. Bei Selbständigkeit nach der Geburt gilt man beim nächsten Kind oft ebenfalls als selbständig, was das Elterngeld beeinflussen kann, besonders bei schnell aufeinanderfolgenden Geburten. Die Elterngeldberechnung hängt stark von der individuellen Situation ab. Nutze unseren kostenfreien Elterngeldrechner zur Planung, und unsere Software mit dem Feature „Günstigerprüfung“ ermittelt deinen besten Vergleichszeitraum automatisch. Du gibst deine Daten ein, und die Software erledigt den Rest.
5. Kann ich beim Elterngeld etwas dazuverdienen?
Auf jeden Fall darfst du während des Elterngeldbezuges etwas dazuverdienen (du drafst sogar bis zu 30 Wochenstunden arbeiten).
Die Frage ist nur: Lohnt sich der Zuverdienst?
Die Berechnung des Zuverdienstes beim Elterngeld ist komplex, da die Elterngeldstelle das vorgeburtliche fiktive Netto-Einkommen mit dem nachgeburtlichen fiktiven Zuverdienstnetto vergleicht. Zum Beispiel: Bei einem vorgeburtlichen Nettoeinkommen von 1.734 EUR und einem Zuverdienst von 1.000 EUR ergibt sich ein Erwerbsverlust von 734 EUR, der zu 65% ersetzt wird.
Das Elterngeld in dem Fall würde also 477,10 EUR betragen.
Nun ist aber immer die Herausforderung, das Brutto (bzw. den Gewinn vor Steuern, wenn selbständig) herauszubekommen. Unser Zuverdienstrechner (Bestandteil der Elterngeldsoftware) rechnet dir den Zuverdienst ausgehend vom Brutto aus, was sehr hilfreich bei der Planung deines Elterngeldbezuges sein kann.
Zuverdienst bei Basiselterngeld und Elterngeld Plus
Beim Basiselterngeld wird jeder Euro Zuverdienst auf das Elterngeld angerechnet, weshalb sich ein Zuverdienst meist nicht lohnt. Beim Elterngeld Plus kannst du hingegen die Hälfte deines vorgeburtlichen Nettos anrechnungsfrei hinzuverdienen. Unsere Elterngeldsoftware hilft dir, dein „optimales Elterngeld Plus-Brutto“ zu berechnen, damit dein Elterngeld nicht gekürzt wird.
6. Wie lange gibt es Elterngeld?
Basiselterngeld kann man längstens für 12 Lebensmonate beantragen. Wenn du Elterngeld beantragen möchtest, musst du dich aber für mindestens 2 Monate entscheiden. Durch Elterngeld Plus kann man seinen Elterngeldbezug strecken.
7. Welche Auswirkungen hat das Elterngeld auf die Krankenkasse und Rentenversicherung
Während einer 100%igen Elternzeit sind gesetzlich pflichtversicherte Personen beitragsfrei kranken- und pflegeversichert. Der Bund übernimmt Kindererziehungszeiten für die Rentenversicherung, als ob ein monatliches Bruttoeinkommen von ca. 3.000€ besteht. Dies gilt jedoch nur für ein Elternteil, wenn beide in Elternzeit sind. Freiwillig gesetzlich und privat Versicherte müssen weiterhin Beiträge zahlen; bitte bei der eigenen Krankenversicherung nach individuellen Regelungen fragen.
8. Muss ich Elterngeld versteuern
Elterngeld ist steuerfrei, unterliegt aber dem Progressionsvorbehalt, was den Steuersatz erhöhen kann und zu Nachzahlungen führen könnte. Verheirateten wird empfohlen, die Steuerklassenkombination IV/IV während der Elternzeit zu wählen, um ausreichend Einkommensteuer vorauszuzahlen. Bei Progressionseinkünften über 410€ pro Jahr ist eine Steuererklärung erforderlich, und Finanzämter können diese auch nachträglich anfordern. Daher ist es ratsam, die Steuer frühzeitig zu prüfen und ggf. einzureichen. Ein Video gibt weitere Hinweise zur Steuererklärung beim Elterngeld.
9. Wann sollte ich mich mit Elterngeld beschäftigen?
Wie bei der Hebammensuche gilt hier, besser zu früh als zu spät. Wenn du dich rechtzeitig mit dem Thema beschäftigst, kannst du die Höhe des Elterngelds verbessern. Viele Eltern beschäftigen sich tatsächlich schon vor der Schwangerschaft selbst mit dem Thema, was stellenweise durchaus sinnvoll sein kann.
10. Wann beantrage ich Elterngeld?
Du kannst Elterngeld erst nach der Geburt des Kindes beantragen, weil erst dann Geburtsdatum und Name des Kindes „feststehen“. Überdies liegen die anspruchsbegründenden Unterlagen meist erst ca. zwei bis drei Wochen nach der Geburt vor (Geburtsurkunde, Mutterschaftsgeldbescheinigungen, Arbeitgeberbescheinigungen, etc.).
11. Wo beantrage ich Elterngeld?
Das Elterngeld beantragst du bei der Elterngeldstelle deines Wohnsitzes. Du findest die die Kontaktangaben online. Das Elterngeld musst du auf den offiziellen Formblättern schriftlich (Fax und E-Mail sind nicht zulässig) beantragen. Eine digitale Lösung gibt es derzeit noch nicht. Die Bearbeitungsdauer liegt meist zwischen 6 und 10 Wochen. Allerdings gibt es hier regional leider starke Unterschiede.
12. Tipps, die dein Elterngeld erhöhen
Als Angestellte/r solltest du deine Bruttobezüge (laufend und pauschal versteuerten Lohnbestandteile) im sog. Bemessungszeitraum (das ist der 12 Monats-Vergleichszeitraum, der die Höhe deines Elterngeldes bestimmt) möglichst erhöhen. Dafür kannst du folgendes machen:
- Verzichte auf Entgeltumwandlungen in diesem Zeitraum.
- Verteile Einmalzahlungen auf die einzelnen Monate um
- Handle Lohnerhöhungen (wenn auch zeitweise) aus.
- Nachzahlungen aus früheren Monaten sollten möglichst im Bemessungszeitraum gezahlt werden.
- Lasse dir Überstunden auszahlen, statt sie abzufeiern.
- Lohnnachzahlungen im Bezugszeitraum des Elterngeldes solltest du aufgrund eines neuen Urteils des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 27.06.2019, Aktenzeichen: B 10 EG 1/18 R) unbedingt vermeiden. Sprich dazu mit deinem Arbeitgeber.
Selbständige sollten den steuerpflichtigen Gewinn des Vorjahres prüfen, um den Höchstbetrag beim Elterngeld zu erreichen. Das Finanzamt zwingt nicht zur Geltendmachung von Betriebsausgaben. Ein höherer Gewinn erhöht jedoch auch die Steuerlast, daher sollte individuell geprüft werden, was sinnvoll ist.
13. 4 Fehler, die viele Eltern machen
Lebensmonatsprinzip nicht beachtet
Das Elterngeld bezieht sich auf die Lebensmonate des Kindes, die z.B. vom 20. eines Monats bis zum 19. des folgenden Monats dauern. Beachte dieses Prinzip bei der Beantragung der Elternzeit. Bei einer abweichenden Beantragung durchläufst du drei Zeitabschnitte:
1. mit Elterngeld und Gehalt
2. nur Elterngeld
3. weder Gehalt noch Elterngeld
In diesem Moment wird dir das Elterngeld aufgrund des Zuverdienstes sehr wahrscheinlich gekürzt. Im schlimmsten Fall fällst du sogar komplett aus dem Anspruch, weil du ggf. durchschnittlich mehr als 30 Wochenstunden arbeiten warst.
Geldwerte Vorteile im Gehalt und keine Gedanken gemacht
Dienstwagen, Dienstwohnung und andere geldwerte Vorteile sind elterngeldrelevant. Überlege gut, ob du diese im Bezugszeitraum weiter nutzen möchtest, da sie das Elterngeld verringern können.
Gesellschafter-Geschäftsführer, PV-Anlage und Mitunternehmer
Wenn du Geschäftsführer, Betreiber einer Photovoltaikanlage oder Mitunternehmer bist, ist eine umfassende Beratung wichtig, um Besonderheiten zu beachten und Gestaltungspotential zu nutzen, andernfalls könntest du Nachteile erfahren.
Als Selbständiger das Elterngeld ablehnen
Viele Selbständige und Einzelunternehmer sind der Meinung, dass sich das Elterngeld für sie nicht lohnt. Eine umfassende Prüfung, was möglich ist, solltest du dennoch durchführen, weil du sonst sehr viel Geld liegen lassen kannst.
14. Fazit und Gutscheine
Elterngeld ist eine wichtige Hilfe für Familien. Leider sind die Regelungen sehr komplex. Am besten lässt du vorher dazu beraten! Weitere Infos, Videos, Rechner findest du unter Einfach-Elterngeld.de